Geschichte

Solferino

Im Kampf um die Vorherrschaft in Europa verbündete sich Frankreich 1859 mit dem Königreich Sardinien, um Österreich aus Norditalien zu verdrängen. In den Schlachten bei Magenta und Solferino blieb die französisch-sardische Koalition siegreich. Die Schlacht bei Solferino, einige Kilometer südlich des Gardasees, am 24. Juni 1859 war eine der blutigsten, die es bis dahin gegeben hatte: über 40'000 Soldaten und Offiziere wurden getötet.

Henry Dunant

Henry Dunant war auf dem Kriegsschauplatz, weil er in geschäftlichen Angelegenheiten ein Treffen mit Napoleon III gesucht hatte. Als er realisierte, dass Tausende Verletzte ohne Hilfe zurückgelassen worden waren, organisierte er in den umliegenden Dörfern und der Stadt Castiglione eine Hilfsaktion für alle Verwundeten, unbesehen welcher Nationalität. Frauen aus allen Gesellschaftsschichten beteiligten sich an dieser Hilfsaktion.

Henry Dunants spontane menschliche Reaktion angesichts des Elends auf dem Schlachtfeld von Solferino mit seinen Tausenden von Verletzten war der Grundstein zu Entstehung der grössten und bekanntesten Hilfsorganisation der Welt.

Die Rotkreuzidee

Drei Jahre nach Solferino berichtete Dunant über seine Erlebnisse in der «Erinnerung an Solferino». Mit diesem Buch rüttelte er ganz Europa auf. Er forderte ein internationales Abkommen zum Schutz der Kriegsopfer. Ausserdem schlug er vor, in allen Ländern Vereine von Freiwilligen zu gründen. Diese sollten in Friedenszeiten ausgebildet werden, um im Kriegsfalle die Sanitätsdienste der Armeen zu unterstützen.

Dunant reiste quer durch Europa und warb für seine Idee. Viele Regierungen erkannten, dass eine menschliche Behandlung von Verwundeten, Kranken und Hilflosen ihren Interessen entsprach, weil dadurch die Folgen der immer grausameren Kriegführung etwas gemildert werden können.

Die erste internationale Konferenz

Schon im Oktober 1863 fand in Genf eine Konferenz statt, an der Vertreter aus 16 Ländern teilnahmen. Sie fasste mehrere Resolutionen zur Organisation der freiwilligen Hilfe für Kriegsopfer. Das von Henry Dunant und General Henri Dufour gegründete Genfer Komitee wurde beauftragt, die Gründung von Hilfsvereinen zu fördern und als Vermittler zu wirken. Das rote Kreuz auf weissem Feld wurde als Schutzzeichen festgelegt.

Schutzzeichen

1876 wurde für die islamischen Länder der rote Halbmond als Schutzzeichen eingeführt. 2005 stimmte die  Diplomatenkonferenz aller 192 Unterzeichnerstaaten der Genfer Konventionen der Erklärung eines auf der Spitze stehenden roten Quadrats als «Zeichen des dritten Zusatzprotokolls» zum internationalen Schutzzeichen zu. Dieses Schutzzeichen ist auch als «roter Kristall» bekannt.

Der Vollständigkeit halber: Heute nicht verwendet, aber nach wie vor als Schutzzeichen gültig ist der rote Löwe. Dieser wurde zuletzt von Perisien verwendet und nach dem Untergang dieses Staates und der Gründung der Islamischen Republik Iran zugunsten des Roten Halbmonds abgeschafft. Würde der Löwe wieder verwendet, müsste er als gleichwertiges Schutzzeichen respektiert werden.

Die nationalen Rotkreuz-Gesellschaften

Der Initiative Dunants ist es zu verdanken, dass sich schon 1863 in einigen europäischen Ländern die ersten Rotkreuzvereine bildeten. Heute gibt es 190 nationale Gesellschaften vom Roten Kreuz und vom Roten Halbmond, also in fast allen Staaten der Erde.

Die Genfer Konventionen

Bereits 1864 unterzeichneten zwölf Staaten einen Vertragsentwurf des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz zur «Verbesserung des Schicksals der verwundeten Soldaten der Armeen im Felde». Zu diesem ersten Abkommen kamen zwei weitere hinzu. 1949 wurden die Abkommen überarbeitet, durch ein viertes ergänzt und 1977 (2) und 2005 (1) durch drei Zusatzprotokolle aktualisiert. Die Genfer Konventionen und deren Zusatzprotokolle enthalten die wichtigsten Regeln des humanitären Völkerrechts. Durch sie wurden verletzte Soldaten, Matrosen, Kriegsgefangene und auch Zivilpersonen unter den Schutz des humanitären Völkerrechts gestellt. Heute haben alle Staaten die Genfer Konventionen ratifiziert.